Neuseeländischer Pennerwein

23 07 2011

Da ich mir nicht eine Woche lang Einzelzimmer leisten will, schlafe ich schon seit einiger Zeit in einem 4-Bett-Zimmer. Die Zimmernachbarn wechseln täglich.

Gestern waren es 3 alte Norweger, zwei 86er und ein über 80jähriger. Alles Rentner. Darunter ein ehemaliger leitender Angestellter in einer Softwarefirma, der seinen Job zu vermissen scheint (was er bestreitet) und ein Auswanderer, der seit 25 Jahren in Neuseeland lebt (er ist aus „Neugier“ ausgewandert) und in München studiert hat (Sein Versuch, Bayerisch zu reden, war wenig überzeugend, aber Deutsch konnte er gut).

Die drei sind Geschwister bzw. alte Freunde und unterwegs zu ihrer alten Heimat. Alle stammen aus Lofoten oder Vesterålen. Ich werde auf ein paar Gläser Wein eingeladen. Irgend ein Neuseeländischer Pinot Noir aus einem Pappkarton aus dem Vinmonopolet. Getrunken wird aus pappbechern. Das Zeug hat 400 Kronen gekostet, soviel wie zwei gute Mahlzeiten im Restaurant, nur falls hier jemand denkt: Was für Banausen! Bei den Preisen müssen eben auch die Einheimischen auf Pennerwein und Dosenbier ausweichen. Immerhin: Dank dem Zeug konnte ich trotz Schnarchkonzert und Mitternachtssonne einigermaßen schlafen.

Der Ex-Softwareentwicklerchef erzählt unter anderem, dass Trondheim eine geniale Stadt ist, und dass man sich in diesen kleineren Städten viel schneller integriert. Zwischendurch fachsimpeln die drei über norwegische Fischgerichte und deren Herstellung. Ich verstehe davon kein Wort.

Man empfiehlt mir das Kriegsmuseum in Svolvær und will unbedingt wissen, wie ich als deutscher bisher in Norwegen aufgenommen wurde. Ich berichte wahrheitsgemäß. Der einzige unfreundliche Norweger, der mir bisher begegnet ist, war ein Radfahrer auf der Brücke in Tromsø, der im Affentempo angerast kam und schrie: „Flytt deg for faen! Du er mitt i veien!“ (wahrscheinlich war seine Klingel kaputt). Gemeint war eigentlich, ob mir Leute begegnet sind, die aus historischen Gründen feindlich gegenüber Deutschen sind. Wie gesagt, sind mir noch keine begegnet. Nicht IRL (dazu später mehr). Bei älteren Memschen rechne ich oft damit, aber zu unrecht. Die Generation, die im Krieg einen Vater oder ein Bein verloren haben, stirbt allmählich aus.

Eine kurze Annekdote: Vor einigen Jahren gab es einen Skandal bei der norwegischen Bahn, weil sie in ihren Faltblättern im der Raumabahn in der deutschen Übersetzung die Zerstörung von Åndalsnes weggelassen haben. Um die deutschen Touristen nicht zu verärgern. Eine peinliche Angelegenheit für alle Beteiligten. VG hat darüber berichtet. Im Forum von VG Nett wurde darüber diskutiert. Dort waren viel Unsinn und dumme Klischees zu lesen. Hier der Artikel mit Fotos von den Faltblättern:

http://touch.vg.no/article.php?artid=568556

Die Zielgruppe dieser Aktion war anscheinend: Alte Säcke, die kein Englisch können und den Namen Hitler in erster Linie mit Autobahnen verbinden.



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