Hardangervidda

2 07 2011

Die Landschaft hier oben ist ganz anders als am Lysefjord. Haukeliseter liegt auf knapp 1000 m, also etwa so hoch wie der Gipfel des Kjerag. Alles rundrum ist höher, und die höchsten Berge über 1600 m. Trotzdem gibt es hier viel mehr, bzw. überhaupt Vegetation. Auf den Bergen liegt noch massig Schnee, und auf den höhergelegenen Seen schwimmen Eisschollen.

Eigentlich ist diese riesige Hochebene perfekt für mehrtägige Touren. Mit Zelt kann man theoretisch auch einfach querfeldein marschieren. Leider ist mir bei diesem Wetter nicht nach Zelten. Bei der Ankunft regnet es, am nächsten Tag hängen dunkle Wolken am Himmel.
(der für den Nachmittag angekündigte Regen kommt aber nicht)

Ich mache eine Tagestour. Ziel ist eigentlich Nupsegga, ein Berg über 1600 m. Aber je weiter ich komme, desto weniger gefällt mir die Idee. Ich überquere einen Pass im Nebel, muss den markierten Pfad verlassen, weil er durch einen unpassierbaren Bach führt, und orientiere mich nur noch mit Kompass und Karte.

Als es dann querfeldein in die Berge geht, verzieht sich wenigstens der Nebel. Der Berg, bzw. das Bergmassiv, auf das ich will, sieht nicht sehr einladend aus, mit steilen Felswänden, Schneefeldern (laut Karte liegt auf der anderen Seite sogar ein Gletscher), Gipfel im Nebel. Der Himmel ist bewölkt, und verheißt nichts gutes. Auch mein Wasser wird knapp, und nachdem ich sowohl Schafe als auch einen toten Lemming gesehen habe, will ich lieber nicht nachfüllen.

Vor einem schneebedeckten Pass, hinter dem nichts als Nebel liegt, kehre ich um. Allerdings entscheide ich mich spontan, noch einen namenlosen Gipfel (1450 m) zu besteigen und dann zu umrunden. Eine gute Idee, denn die Aussicht ist es wert. Man kann nicht nur einen Teil des weiten Hardanger-Plateaus überblicken, sondern auch das Bergmassiv, auf das ich eigentlich wollte, in seiner ganzen Breite: Felsige Gipfel, Schnee, Wolken und Nebel. Sicher eine spannende Rundtour bei besserem Wetter und etwas später im Sommer.

Der Rückweg ging mehr oder weniger durch Kraut und Rüben. Ich konnte einen Großen Raubvogel filmen (den Rufen nach wahrscheinlich ein Adler), leider nicht aus der Nähe. Einmal kam er fast über mich geflogen, aber ich hatte meine Kamera nicht parat. Zum Schluss setzte er sich auf einen langgezogenen Felskamm (auf meiner Karte als „Trollnup“ eingezeichnet), für mich unerreichbar. Ich bin gespannt, wie der Vogel in 1080p bei vollem Zoom aussehen wird. Die letzten 2 km ging es an der Straße entlang. An einem WoMo-Stellplatz stand ein Tipi, wo ich mir einen Hotdog und was zu trinken kaufen konnte.

Haukeliseter ist endlich das, was ich mir von einer DNT-Hütte erwarte. Es gibt sogar einen Trockenraum, über den sich vor allem meine Schuhe freuen, die noch das Regenwasser vom Lysefjord in sich haben. Man sieht, dass dieser Laden Wanderer und nicht Basejumper oder sonstige Turnschuhtouristen als Zielgruppe hat. Die meisten Gäste sind Norweger. Der einzige Ausländer außer mir, der mir auffällt, ist der Schwede an der Rezeption, den ich nicht verstehe. Wir verständigen uns auf Englisch. Er buchstabiert „Rjukan“ falsch („Rykan“), was wohl an meiner Aussprache gelegen haben muss. U und Y sind verschiedene Laute. So etwa muss sich ein Chinese fühlen, der gerade „Engrish“ gesagt hat.

Als ich ankomme (in Wanderklamotten, dreckig und durchgeschwitzt) sehe ich einen Haufen Leute im Anzügen und Trachtenkleidern. Anscheinend findet hier eine Hochzeit statt. Ich komme mir etwas fehl am Platz vor.

Ich unterhalte mich eine ganze Weile mit einem Norweger (aus Oslo. Und endlich einer, der das R rollt und so spricht wie ich es kenne). Er empfiehlt mir, in Narvik den Zug zur Grenze zu nehmen, um in die Berge zu kommen. Eine gute Idee. Außerdem erzählt er mir von einem Isländer, der hier einen Job als Softwareentwicklee gesucht hat, ohne ein Wort Norwegisch zu sprechen (Isländisch und Norwegisch sind sehr unterschiedlich – ich kann Isländisch nicht mal lesen). Es soll bei der ersten Bewerbung geklappt haben. Auf eine Stellenanzeige in der Aftenposten, also kein Hexenwerk oder Vitsmin B.

Ein Dreigängemenü bekommt man in Haukeliseter für 100 Kronen weniger, wenn man es sich selbst an der Kaffeteria zussmmenstellt. Das bezahlt man mit mehr Lauferei. Es gibt Fisch, vom Küchenchef selbst gefangen (Haukeliørret). Wahrscheinlich Forelle, leider mit wenig Beilagen.

In der Stube finde ich wieder eine Menge interessante Bücher, unter anderem Jahrbücher des DNT über Trollheimen und Nord-Norwegen. Da hofft man fast auf schlechtes Wetter am nächsten Tag. Ich weiß eh noch nicht, was ich machen soll bis der Bus geht. Am liebsten wäre ich jetzt mit meinem Zelt draußen in der Hardangervidda.

In Rjukan muss ich auch noch irgendwo übernachten. Krokan, die älteste DNT-Hütte, ist geschlossen. Es gibt einen Campingplatz, aber zu weit von Vemork entfernt. Zum Glück kann man Fahrräder leihen.

20110725-180428.jpg

20110725-180510.jpg

20110725-180532.jpg

20110725-180551.jpg

20110725-180610.jpg

20110725-180644.jpg

20110725-180713.jpg

20110725-180738.jpg

20110725-180800.jpg