Geiranger und Valldal

10 08 2011

Ich habe es doch in einem Tag nach Geiranger geschafft. Und wie? Ich vergesse eines immer wieder: Ich bin nicht der einzige Tourist in diesem Land. Wenn ich ein Problem habe, dann bin ich damit meistens nicht allein, und man findet gemeinsam eine Lösung.

Diesmal waren es keine Holländer, sondern drei Portugiesen, die ein Taxi von Langvatn nach Geiranger bestellt hatten. Die drei wollten zu einem Campingplatz. Perfekt! Die Alternative wäre eine Übernachtung auf einem Parkplatz bei heftigem Regen gewesen. Außerdem wird es mittlerweile kalt im Gebirge. In Jotunheimen hat es nachts Minusgrade, und auf dem Galdhøpiggen schneit es. Vor ziemlich genau einem Jahr fiel in Spiterstulen (ca. 1000 m) ein Meter Neuschnee!

Es war die reinste Höllenfahrt. Die Sicherheitsgurte auf den hinteren Sitzen waren defekt. Es war neblig und nass. Der Taxifahrer fuhr wie ein Taxifahrer eben fährt: Wie sau. Viel zu schnell, und viel zu nah an seinem Vordermann, einem Carawan mit zwei gefährlich wackelnden Fahrrädern hinten drauf (übrigens: ein Unding! Entweder man fährt Fahrrad oder man fährt Auto! Ich bin da extrem intolerant). Die Straße über den Dalsnibba (Null Aussicht wegen Nebel) hatte es in sich, mit mehreren Haarnadelkurven. Der Carawan musste immer wieder abrupt bremsen, wegen Gegenverkehr. Hans Söllner hätte geschrien: „Mörder! Mörder! Fahr auf’d Seiten!“, was bei dieser engen Straße fatale Folgen gehabt hätte…

Auf dem Campingplatz das übliche. Regen, Zelt steht, Regen, Kochen. Unter einem Felsvorsprung. Geiranger ist vor allem eines: Vertikal. Überall ist Gefälle, Häuser stehen auf Terrassen, dazwischen windet sich die enge Passstraße bis zum Meer. Neben dem Campingplatz donnert ein Wasserfall.

Zum Abendessen gibt es Linsensuppe (türkische Art), ohne Kümmel, mit Dosentomaten. In Bodø konnte ich Endlich meinen Vorrat an getrockneten roten Linsen aufstocken. Die Dinger sind Gold wert, weil ewig haltbar und schnell gekocht, aber in Norwegen nur in speziellen Läden in größeren Städten zu bekommen.

Das Zelt musste ich im Nieselregen abbauen und trocknen. Dann hatte ich noch eine halbe Stunde, um zum Kai zu laufen und auf die Fähre zu steigen. Diese fährt durch den Geirangerfjord nach Valldal. Von dort nehme ich den Bus nach Ålesund.

Auf dem Fjord regnet es, obwohl die Sonne scheint. Meine Kamera wird nass, und ich verziehe mich in den Salon. Der Fjord ist „ganz nett“, haut mich aber nicht vom Hocker. Ich würde die senkrechten Wände lieber von oben und die Bauernhöfe auf den Terrassen lieber aus der Nähe sehen. Wer Wasserfälle sehen will, ist nach dieser Fahrt für die nächsten Jahre bedient. Die „Sieben Schwestern“ und der „Brautschleier“ sind nur zwei der vielen benannten und unbenannten Sturzbäche, die sich in den Fjord ergießen.

Unterwegs wird das Wetter immer besser. In Valldal scheint die Sonne, und ich kann einen kleinen Spaziergang durch das Dorf machen. Eigentlich brauche ich nur Bargeld. Valldal ist (wenn überhaupt) bekannt für seine Erdbeeren. Einen Verkaufsstand finde ich leider nicht, aber wenn wirklich 50% aller norwegischen Erdbeeren aus Valldal kommen, brauche ich mir nicht ausgerehnet hier welche zu kaufen. Ich ärgere mich ein wenig über den Wegweiser nach Åndalsnes. Dort habe ich zwei geplante Sehenswürdigkeiten ausgelassen: Nordeuropas höchste Felswand, Trollveggen, und den Trollstigen. Eigentlich mehr was für Touristen mit eigenem Fahrzeug. Sogar mein Fahrlehrer (eher ein Südtirol- und Italienfan) kennt diese Straße.

Die Busfahrt nach Ålesund beschert dann wenigstens kurz die gewünschte Aussicht von oben aus den Storfjord.

Um 17:15 erreiche ich Ålesund. Die Stadt schaue ich mir morgen an.

So langsam artet das hier in Urlaub aus. Und damit meine ich nicht Erholung, sondern Urlaubsstress. Okay, Stress kann man die Bus- und Schiffahrerei nicht nennen, aber die letzten zwei Tage waren reines Kilometerfressen. Nach meinem neuen Plan für die letzten Tage habe ich noch 4 Reisetage und 2 Tage für größere Unternehmungen vor mur. Davon ist einer für Ålesund verbucht und einer für die Gegend um Måløy und Florø (Das so genannte Vestkapp)

UPDATE: Bildbeschreibungen. Sorry, Bilder sind in der falschen Reihenfolge. Schuld war das wackelige WLAN und die WordPress-App, die Bilder in der Reihenfolge einfuegt, in der der Upload fertig ist…

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Oben: Die Hauptstrasse von Geiranger. Wie man sieht, waren die Berge im Nebel, damit war die Aussicht auf den Fjord nicht so berauschend… Ausserdem hat es trotz Sonnenschein geregnet.

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Oben: Aussicht vom Campingplatz

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Oben: Geiranger…

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Oben: Aussicht von der Fæhre auf den Fjord

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Oben: Kirche von Valldal

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Oben: Molybdæn-Bergwerk am Storfjord. Dieses Bergwerk ist in Betrieb und gehørt scheinbar einer Firma namens North Cape Minerals. Auch wenn das auf dem Foto nach Tagebau aussieht, findet man mehrere Løcher, die in den Berg fuehren.

Ich meine mich zu erinnern, dass aus den auf Wikileaks (nicht?) verøffentlichten US-Botschaftsdepeschen hervorgeht, dass diverse US-Politiker die Molybdæn-Vorkommen in Norwegen als wichtiger einschætzen als die Oelvorkommen in der Nordsee. Ist aber schon eine Weile her, dass ich das in der Aftenposten gelesen habe, und ich weiss nicht mehr sicher ob es Molybdæn war oder ein anderer Rohstoff (Aftenposten hat Zugang zu allen geleakten Botschaftsdepeschen,  nicht nur zu den paar 100, die Wikileaks verøffentlicht hat. Die sind zwar nicht øffentlich zugænglich, bilden aber immer wieder die Grundlage zu interessanten Artikeln, in denen es um wesentlich interessantere Themen geht, als nur die Einschætzung diverser Politiker durch US-Botschafter).

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Oben: Die 7 Schwestern. Man sieht nicht alle 7, aber ich habe nicht nachgezæhlt. Es waren keine guten Verhæltnisse zum Fotografieren.

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Oben: Geiranger

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Oben: Geiranger, und ein Kreuzfahrtschiff aus Spanien. Links ein Campingplatz ohne Gefælle, aber dafuer auch ohne regensicherem Kochplatz.



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3 Antworten zu “Geiranger und Valldal”

  • Bernhard Winter sagt:

    Na da bist Du ja wirklich intolerant. Auch wir werden am Wohnmobil auf alle Fälle, am Wohnwagen sehr wahrscheinlich einen Fahrradträger und meist Fahrräder dabei haben.
    Caravan ist das Englische Wort für die Karawane. Ursprünglich wurden so nur Wohnanhänger bezeichnet. Später verwendete Ford dies auch für spezielle Fahrzeuge mit vertikalem Heck. Beim PKW nennt man solche üblicherweise Kombi.
    Ein Wohnmobil ist kein Caravan.
    Warum nicht im Urlaub auch mal Fahrrad fahren? Du machst das ja auch mitunter, fährst auch noch mit Eisenbahn, Fähre und fliegst sogar.
    Ein großer Nachteil des Wohnmobils ist die gewisse Sperrigkeit. Man kann zwar auf allen freien (einigermaßen ebenen) Flächen in fast jedem Land eine Nacht verbringen, doch auf manchem Campingplatz hat man schon ein Problem es in eine Nische zu bringen. Beim Wohnwagen ist dies ähnlich, doch kann man den wenigstens abhängen und heutzutage mit einem „Moover“ (elektrische Fahrhilfe) auch recht gut von Hand irgendwo rein bringen.

    Mit einem Wohnmobil in eine Stadt zu fahren, es kann ein Abenteuer werden. Den Wohnwagen lässt man einfach außen stehen, ähnlich wie ein Zelt. Trotzdem bin ich durch Andorra und Lourdes mit dem Daimler einfach durchgefahren, es war kein Parkplatz auszumachen. Wie Du weißt, ist man mit dem Fahrrad da flexibler. Warum soll der Autofahrer nicht auch flexibel und dazu noch autark sein? Nur kein Neid!

    Der Radträger muss natürlich gut und die Räder müssen richtig festgemacht sein. Wippen muss das, sonst gibt es Bruch. Nur sehr selten geht ein Fahrrad auf der Autobahn verloren, was für die Sicherheit der Träger und die Sorgfalt der Autofahrer spricht.

  • Nordlicht sagt:

    Ok, kann sein dass ich da ein paar Klischees von meinem
    Fahrlehrer aufgeschnappt habe. Der steht mit Radfahrern auf Kriegsfuß und erzählt immer gerne, wieviele Fahrräder jedes Jahr durchschnittlich auf der Autobahn liegen.

    Trotzdem, der Fahrstil von dem Taxifahrer war mörderisch. Da kann das Wohnmobil mit den Fahrrädern nix für.

  • Max sagt:

    was sind schon Fahrräder am Auto? Amerikaner hängen ganze Geländewagen an ihre Wohnmobile – ein ganz normaler Anblick in USA: http://static.howstuffworks.com/gif/car-towing-safety-1.jpg

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