Stadtrundfahrt auf zwei Rädern

23 06 2011

Erster Tag in Stavanger. Es regnet wie angekündigt. Kann sein, dass ich so etwas wie Schlaf hatte. Erinnern kann ich mich jedenfalls nicht. Der CP Mosvangen Camping liegt an einem See in der Stadt. Man hört den Straßenverkehr, wenn auch gedämpft. Die Rezeption war schon geschlossen, aber wenn man nur mit Zelt und Rucksack unterwegs ist, kann man auch am nächsten morgen bezahlen. Im fünfminutentakt kommen Jogger vorbeigelaufen, und eine Schwanfamilie und Millionen von Enten kacken alles zu, was zu nah am Wasser liegt.

Der Regen hat irgendwann nachgelassen, der Rest des Tages war ein ständiger Wechsel aus Nieseln, Wolkendecke und vereinzelten Sonnenstrahlen.

Ich verschaffe mir erst mal einen überblick und steige auf den Vålandshaugen. Von hier hat man schöne Aussicht auf die Stadt, den Fjord und das Fjell dahinter. Von hier aus finde ich ohne Stadtplan ins Zentrum.

Dort wimmelt es von Touristen. Ein Monster von Kreuzfahrtschiff versperrt die Sicht auf das Meer. Ich erledige erst, was zu erledigen ist und besorge mir eine Wanderkarte für den Lysefjord im DNT-Laden und weitere Infos. Danach leihe ich mir ein Fahrrad und flüchte vor den Massen von Kreuzfahrern.

Mit dem Rad erkunde ich erst mal die Stadt. Teilweise unfreiwillig, denn ich fahre halb nach Karte, halb der Nase nach, was nicht immer klappt. Erstes Ziel sind die Schwerter im Fels, ein Denkmal, das an die Schlacht von Hafrsfjord erinnert und direkt am Meer liegt. Auf der Fahrt merke ich, dass Stavanger hügeliger ist, als es vom Flugzeug oder in Google Earth aussieht. Auch nach zwei Jahren Radfahren im Saarland geht das ganz schön auf die Beine, vor allem mit einem gemieteten ungewohnten Mountain Bike mit abgefahrenen Reifen, bei dem vorne der erste Gang oft nicht reingehen will.

Stavanger ist eine fahrradfreundliche Stadt. Oder fahrradfeindlich, denn Radfahrer werden grundsätzlich auf speziell angelegte Fahrradstraßen umgeleitet, um die Autofahrer nicht zu belästigen. Überhaupt scheinen hier im Straßenverkehr andere Regeln zu gelten. Mehrmals währe ich fast zum Verkehrshindernis geworden, weil ich stehengeblieben bin, wenn ich es nach den offiziellen Verkehrsregeln musste, und nicht damit gerechnet habe, das man mich vorbeiläßt, obwohl ich keine Vorfahrt habe. In Deutschland undenkbar. Wenn in Deutschland jemand von rechts kommt und winkt, besteht begründeter Verdacht, dass er seine Versicherung betrügen will, und wenn man nicht sein eigenes Fahrzeug in der Werkstadt haben will, läßt man ihm besser seine Vorfahrt.

Eines ist jedoch wie zuhause: Ausgeschilderte Radwege führen meistens unnötig über irgendwelche Berge. Eine Verschwörung der Ölindustrie, um Radfahrer abzustrafen, weil sie sich weigern, Benzin zu verfeuern? In dieser Stadt gar nicht so undenkbar…

Was kann ich über die Stadt selbt sagen? Kleinstadtatmosphäre überall, auch im Zentrum trotz Touristen. Das ist, finde ich, ein großer Unterschied zu Oslo. Überall die für den Norden charakteristischen Holzhäuser, meistens in weiß. Stavanger liegt auf einer Halbinsel, und man hat es nie weit zum Meer. Auf den Hügeln begegnet einem sofort alpines Terrain, und die Berge im Landesinneren bilden eine malerische Kulisse.

Für Museen und dergleichen hatte ich noch gar keine Zeit. Die Altstadt schaue ich mir morgen an, wenn ich das Fahrrad nicht mehr habe. Etwas ärgerlich: Jernaldergården, eine Farm aus der frühen Eisenzeit, war schon geschlossen als ich sie gefunden hatte. Da kann ich morgen nochmal hin.

Heute ist übrigens Sankthansaften, das norwegische Mittsommerfest. Hier läuft das ein wenig anders als in Schweden (siehe YouTube, „der schwedische mittsommer“): Man macht einfach ein großes Feuerchen. Das will ich mir nicht entgehen lassen…



Ich bin in Stavanger

23 06 2011

Trotz aller Widrigkeiten habe ich es tatsächlich noch nach Stavanger geschafft. Der Flieger landete irgendwann um 0 Uhr. Die Zeit schien unterwegs allerdings rückwärts zu laufen, denn in Frankfurt war es beim Abflug finstere Nacht, und in Stavanger bei der Landung noch dämmrig. Unterwegs war am Horizont immer ein Streifen blauen Himmels zu sehen. Und das beste bei Reisen in die Polarregionen: Man darf dieses Phänomen ohne anschließendes Jetlag bewundern. 😛

Am Flughafen von Stavanger sieht man sofort, dass man in Norwegens Ölhauptstadt gelandet ist: An allen Wämden sieht man Werbung für „Ölunternehmen“. Aber nicht etwa für Shell, Esso und Konsorten, sondern vielmehr „Zulieferer“, von Maschinenbau, über Software bis zu Versicherungen. Jobs in diesen Unternehmen sind nicht nur nahe am Öl, sondern auch nahe am Geld. Und entsprechend von beidem abhängig…

Der Campingplatz war einfach mit dem Bus zu erreichen. Das Zelt musste ich im dunkeln aufbauen. Ohne Stirnlampe wäre ich verzweifelt. Dazu leichter Nieselregen. Zum Glück ist das Innenzelt ratz fatz aufgestellt und einigermaßen Wasserdicht. Der Innenraum ist verflucht klein, und ich muss ihn mir mit meinem Rucksack teilen. Die winzige Dreiecksapsis ist für nichts zu gebrauchen, außer als Regendach für die Mücken, von denen es hier zum Glück fast keine gibt.